die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN bittet die Verwaltung, unter dem oben genannten Punkt in der Sitzung des Ausschusses einen Sachstandsbericht über die konzertierte Aktion des Kommunalen Ordnungsdienstes Mitte August in der Innenstadt und insbesondere um den Drogenkonsumraum herum zu geben.
Zusätzlich bitten wir um die Beratung und Abstimmung der folgenden Punkte:
- Die Verwaltung wird gebeten, eine schriftliche Evaluation zur konzertierten Aktion des Ordnungsamtes vorzulegen. Dabei sollten insbesondere die Ziele der Aktion benannt und mit den Ergebnissen abgeglichen werden.
- Der Ausschuss erwartet, dass solche Aktionen zukünftig mit den Drogenhilfeeinrichtungen, insbesondere mit der Betreiberin des Drogenkonsumraums rechtzeitig abgesprochen, gemeinsam abgewogen und koordiniert werden. Dabei sollte insbesondere berücksichtigt werden, dass zunächst die Auswirkungen bereits politisch beschlossener, aber noch nicht umgesetzter sozialpolitischer Maßnahmen zur Verbesserung der Situation im und um den Drogenkonsumraum herum abgewartet werden.
- Der Ausschuss bekräftigt, dass es nach aktuellem Stand zum derzeitigen Standort des Drogenkonsumraum keine ihm bekannte Standort-Alternative gibt.
- Die Verwaltung wird gebeten, den zuständigen Fachausschüssen in Zusammenarbeit mit den Akteur*innen der Drogenhilfe bis zu deren nächsten Sitzungen Vorschläge zur kurzfristigen, weiteren Verstärkung und räumlichen Ausweitung des Umfeldmanagements am Drogenkonsumraum zu unterbreiten.
- Der Ausschuss fordert die Verwaltung auf, dezernatsübergreifend und gemeinsam mit den Akteur*innen der Drogenhilfe
- nach zusätzlichen, dezentralen Standorten für Drogenkonsumräume zu suchen und dem Ausschuss die Ergebnisse vorzulegen,
- die Einrichtung niedrigschwelliger mobiler Räume/Angebote oder fest definierter Flächen für den Crack-Konsum zu prüfen und dem Ausschuss die Ergebnisse vorzulegen,
- eine wissenschaftlich begleitete Gesamtstrategie für die insbesondere durch den zunehmenden Crack-Konsum veränderte Situation in der Dortmunder Innenstadt zu entwickeln. Schwerpunkt sollten dabei die finanzielle und personelle Stärkung der Hilfsangebote für suchtkranke Menschen, die Stärkung der aufsuchenden Sozialarbeit, die Vernetzung sozialer, medizinischer und ordnender Maßnahmen und die Einbeziehung, Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit und des Handels sein.
- begleitend zur Entwicklung einer Gesamtstrategie eine entsprechende Fachveranstaltung zu organisieren. Dabei sollten Sucht- und Drogenexpert*innen ebenso einbezogen werden wie die Erfahrungen, Maßnahmen und Modelle anderer Städte (z.B. Zürich, Münster)
Begründung:
Der Drogenkonsumraum ist ein unverzichtbares und überlebensnotwendiges Instrument der Dortmunder Drogenhilfe. Die seit Monaten anhaltenden Diskussionen um den Standort gefährden aber die Arbeit und die Legitimation des Raumes in der Öffentlichkeit.
Konsument*innen harter Drogen sind schwerkrank und keine Verbrecher*innen.
Die eine Woche dauernde konzertierte Aktion des Kommunalen Ordnungsdienstes vor und um den Drogenkonsumraum löst das Problem nicht. Im Gegenteil. Dadurch wächst der Druck auf suchtkranke Menschen, der Drogenkonsumraum wird durch die massive Wahrnehmung der Ordnungskräfte in der Öffentlichkeit zusätzlich massiv stigmatisiert. Eine solche Aktion soll Handlungsfähigkeit demonstrieren, führt aber nicht zu einer Lösung der vorhandenen Probleme.
Die Aktion des Ordnungsamtes war offenbar nicht mit der aidshilfe als Betreiberin des Drogenkonsumraums und des Cafe Kick abgesprochen. Die Aktion ist das Gegenteil von koordinierten Maßnahmen hinsichtlich einer Balance zwischen sozialen, medizinischen, ordnenden und sanktionierenden Maßnahmen – so, wie es Suchtexpert*innen empfehlen. Dazu kommt, dass die Aktion stattgefunden hat, bevor die beschlossenen Maßnahmen zur Stärkung des Raums und damit auch zur Stärkung der öffentlichen Sicherheit vollständig umgesetzt sind. Das betrifft insbesondere die deutliche Verlängerung der Öffnungszeiten, mit der öffentliche Konsumvorgänge reduzieren werden sollen.
Aktuell findet eine Verschiebung zwischen den Drogenkonsument*innen statt, zum Teil weg von Heroin hin zu Crack. Crack-Konsum findet auch im Drogenkonsumraum statt, nimmt aber im öffentlichen Raum aufgrund des einfachen und schnell zu praktizierenden Konsums zu. Reine Crack-Konsument*innen finden weniger häufig den Weg in den Drogenkonsumraum, sondern konsumieren öfter draußen. Das hat Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung. Crack ist günstig zu haben, leicht zu konsumieren und macht schnell high. Doch der Rausch dauert nur kurz. Deshalb konsumieren die Suchtkranken viel und häufig. Zudem agieren sie teilweise aggressiv, wenn sie den Stoff eingenommen haben oder er ihnen fehlt. Zudem sind die Folgen für die Gesundheit der crackabhängigen Menschen augenfälliger als bei anderen Drogen. Mit dem gestiegenen Crack-Konsum steigen auch die Anforderungen an die Drogenhilfe. Wir brauchen zusätzliche Angebote jenseits von Ordnungsmaßnahmen.
Vor diesem Hintergrund wird eine Überarbeitung der Gesamtstrategie in der Drogenhilfe benötigt. Das schließt Überlegungen hinsichtlich eines zweiten oder mehrerer kleiner dezentraler Drogenkonsumräume genauso ein wie die Einrichtung niedrigschwelliger mobiler Räume/Angebote oder fest definierter Flächen für den Crack-Konsum.
Dabei sollten Sucht- und Drogenexpert*innen ebenso einbezogen werden wie die Erfahrungen und Maßnahmen anderer Städte. So gibt es zum Beispiel in Zürich das Modell SIP (Sicherheit, Intervention. Prävention) mit einer gut erkennbaren Sozialambulanz, die Drogenhilfeeinrichtungen unterstützt und auf Straßen und Plätzen als Ansprechpartnerin unterwegs ist.