Die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und LINKE+ bitten unter dem o.g. TOP um Beratschlagung und Beschlussfassung des folgenden Antrags:
- Der Rat stellt fest, dass viele Menschen, die von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit bedroht oder betroffen sind, mit dem Dortmunder Hilfesystem unterstützt werden und ihnen geholfen werden kann.
- Der Rat stellt fest, dass mit dem aktuellen Hilfesystem einige obdachlose Menschen nicht nachhaltig erreicht werden können.
- Der Rat beschließt, das Dortmunder System der Wohnungslosenhilfe um den Ansatz Housing First zu ergänzen.
- Die Verwaltung wird aufgefordert,
- ein Umsetzungskonzept des Ansatzes Housing First zu entwickeln, das auf bereits bestehende und bewährte Konzepte („Endlich ein Zuhause“, Pension plus“, etc.) abgestimmt ist und diese sinnvoll ergänzt.
- Wohnungen des Wohnraumvorhalteprogramms (WVP) dauerhaft für die Nutzung von Housing First umzuwidmen,
- Wohnungen, die sich über das WVP hinaus im Besitz der Stadt Dortmund befinden, im Rahmen von Housing First zu vermieten,
- insgesamt damit 20 Wohnungen für Housing First für einen Modellversuch zur Verfügung zu stellen. Weitere Wohnungen sind möglich.
- eine ausgewogene Verteilung entsprechender Wohnungen über das gesamte Stadtgebiet zu gewährleisten.
- Die DOGEWO21 wird aufgefordert, Wohnraum für den Ansatz Housing First vorzusehen und dafür auf dem Nachweis eines negativen Schufa-Eintrages zu verzichten.
- Die Verwaltung wird aufgefordert, die soziale Betreuung im Rahmen von Housing First über einen lokalen Träger sicherzustellen. Das eingesetzte Personal soll dabei mit dem Ansatz Housing First vertraut sein.
- Zur Vergabe der Wohnungen im Rahmen des Ansatzes Housing First soll mithilfe der Träger ein Kriterienkatalog erarbeitet werden, nach dem die zur Verfügung stehenden Wohnungen vergeben und an Menschen durch die Träger vermittelt werden.
- Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) will Kommunen bei der Anwendung des Ansatzes Housing First unterstützen. Auch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat das Konzept Housing First bis November 2020 finanziell gefördert. Eine Kooperation und enge Abstimmung zwischen der Stadt Dortmund, dem LWL sowie dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist vor diesem Hintergrund anzustreben.
- Sofern im Rahmen des Projekts weitere Kosten für Leistungen entstehen, die nach SGBII bzw. SGB XII nicht übernahmefähig sind, ist dem Fachausschuss darüber Bericht unter Angabe der finanziellen Auswirkungen zu erstatten. Die Verwaltung ist in diesem Falle beauftragt, für entstehende Mehrkosen eine Akquise von Fördermitteln zu prüfen.
Begründung:
Die Dortmunder Wohnungslosenhilfe ist in vielen Bereichen gut aufgestellt, vermeidet drohende Obdachlosigkeit oder baut diese ab. Das in Dortmund angewandte Stufensystem zur Integration in eigenen Wohnraum ist allerdings nicht für alle Betroffenen das geeignete Mittel zur langfristigen Vermeidung von Wohnungslosigkeit. Für diesen Personenkreis enden die Maßnahmen häufig wieder auf der Straße.
Der Ansatz Housing First kann für diesen Personenkreis das geeignete Instrument zur langfristigen Vermeidung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit sein. Insofern ist Housing First ein weiterer (und kein ersetzender) Baustein im bestehenden Hilfesystem.
Das Konzept Housing First beendet Wohnungslosigkeit im ersten Schritt und bietet flexible, wohnbegleitende Hilfen zum dauerhaften Wohnungserhalt. Wohnungslose werden direkt in dauerhaften Wohnraum gebracht ohne die Bedingung, vorher die “Wohnfähigkeit” zu erlangen.
Die Vermittlung in Wohnraum, bzw. die Verfügbarkeit geeigneten Wohnraums, ist eine zentrale Voraussetzung. Die Stadt hat im Rahmen des Wohnraumvorhalteprogramms Zugriff auf etwa 920 Wohnungen. Einige Wohnungen können davon dauerhaft für den Ansatz Housing First umgewidmet werden. Wohnungen, die über das WVP hinaus im Besitz der Stadt sind, können ebenfalls im Rahmen von Housing First eingesetzt werden. Als Einstieg der Stadt Dortmund in den Ansatz Housing First sollen mindestens 20 Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Eine Erhöhung dieser Zahl ist möglich. Die Umsetzung des Housing First-Ansatzes soll auf bereits bestehende Angebote und Maßnahmen abgestimmt sein und diese in sinnvoller weise ergänzen. Ziel ist, die Zahl wohnungsloser Menschen in Dortmund durch das ergänzende Angebot zu reduzieren.
Darüber hinaus sollte die DOGEWO21 als kommunales Unternehmen und eine der größten Vermieterinnen der Stadt aufgefordert werden, Wohnraum für den Ansatz Housing First vorzusehen. Eine Voraussetzung dafür ist der Verzicht auf die Nachweisung eines negativen Schufa-Eintrages.
Neben der Zurverfügungstellung geeigneten Wohnraums ist das nachdrückliche Angebot einer sozialen Betreuung wesentlich. Dies sollte über einen lokalen Träger sichergestellt sein, der über Erfahrungen in der Wohnungslosenhilfe verfügt und mit entsprechendem Personal dem besonderen Ansatz von Housing First (akzeptierender Ansatz auf Augenhöhe zwischen Berater*in und Klient*in) Rechnung tragen kann.
Finanzielle Belastungen für die Stadt entstehen nicht. Da die Bewohner*innen dieser Wohnungen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft im Rahmen des SGB II bzw. SGB XII haben, sind Mietzahlungen gesichert. Mit dem Zugriff auf Wohnraum im städtischen Besitz ist kein Erwerb von Wohnraum erforderlich. Die Übernahme der Kosten für die soziale Betreuung ist im Rahmen des §67 SGB XII “Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten” über den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gesichert.
Da der LWL eine Konzeption zur Unterstützung der Umsetzung von Housing First in den Kommunen erarbeiten wird, sollte ein Kooperation zwischen Stadt Dortmund und LWL zu diesem Thema angestrebt werden. Auch eine Konsultation durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, welches verschiedene Projekte und Programme gegen Wohnungslosigkeit unterstützt, ist in diesem Zusammenhang sinnvoll.
Auch die Erfahrungen aus anderen Kommunen, die das Konzept bereits realisiert haben, können für die Ausarbeitung für einen Kriterienkatalog zur Vergabe der Wohnungen zu Rate gezogen werden.