Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bittet unter dem o.g. Punkt um Beratung und Abstimmung des folgenden Antrags:
Der Vertreter der Stadt Dortmund in der Gesellschafterversammlung der Dortmunder Stadtwerke Holding GmbH wird angewiesen, die Geschäftsführung der Dortmunder Stadtwerke Holding GmbH auf Grundlage von § 37 Abs. 1 GmbHG anzuweisen, dem Vorstand der Dortmunder Stadtwerke (DSW) AG auf der Rechtsgrundlage des Beherrschungsvertrages zwischen der Dortmunder Stadtwerke Holding GmbH und der Dortmunder Stadtwerke AG vom 26.09.2017 folgende Weisung zu erteilen:
Die DSW AG stellt ab sofort weder Strafanzeigen noch Strafanträge nach § 265a StGB wegen Beförderungserschleichung.
Begründung:
Die Bundesregierung plant, das Fahren ohne gültigen Fahrausweis in Bussen und Bahnen auf Bundesebene von einem Straftatbestand zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Auch viele Sozialverbände sprechen sich dafür aus, zuletzt auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe der CARITAS.
Zum Stichtag 30.06.2022 verbüßten rund 4.400 Personen eine Ersatzfreiheitsstrafe in deutschen Justizvollzugsanstalten, weil die zuvor gegen sie verhängte Geldstrafe nicht gezahlt wurde. In vielen Fällen handelt es sich um eine Inhaftierung wegen Fahrens ohne gültigen Fahrausweis. Bei § 265a StGB, der dieses Verhalten unter Strafe stellt, handelt es sich um ein sog. relatives Antragsdelikt, sodass Fahren ohne gültigen Fahrausweis in der Regel nur dann strafrechtlich verfolgt wird, wenn die Tat angezeigt bzw. Strafantrag gestellt wird.
Verschiedene andere Städte wie Düsseldorf, Köln, Bremen und Wiesbaden haben bereits mehrheitlich beschlossen, dass die dortigen Verkehrsunternehmen angewiesen werden sollen, künftig auf Strafanzeigen wegen Fahrens ohne gültigen Fahrausweis zu verzichten. Die Inhaftierung von Menschen, die in der Zwischenzeit bis zur Umsetzung der Gesetzesreform aufgrund eines Verstoßes zu einer Geldstrafe verurteilt werden und diese nicht bezahlen können, ist unverhältnismäßig und sollte auch im Dortmunder Stadtgebiet beendet werden.
Die verhängten Geldstrafen gegen die Betroffenen fallen bezüglich der Tagessätze zumeist sehr gering aus. Ein Tagessatz Geldstrafe wird nach der neuen Gesetzgebung mit jeweils einem halben Tag Ersatzfreiheitsstrafe abgegolten. Dies bedeutet, dass die Betroffenen sich oft nur für eine kurze Zeit in Haft befinden. Diese Zeit ist weder ausreichend, um ihnen dort die benötigten Hilfen zukommen zu lassen, noch sind Justizvollzugsanstalten darauf ausgerichtet, die diesem Fehlverhalten oft zugrundeliegenden sozialen und gesundheitlichen Probleme nachhaltig zu lösen. Vielmehr werden durch die Inhaftierung auch Menschen, die sich bereits in Betreuung oder Behandlung befinden, von diesen hilfreichen Instrumenten abgeschnitten. Die Kriminalpolitik kann Maßnahmen der Sozialpolitik nicht ersetzen.
Die Verfolgung und Ahndung des Delikts belasten die Ermittlungsbehörden und die Justiz. Die Behörden sind bereits jetzt überlastet. Die dadurch gebundenen Kapazitäten könnten wesentlich sinnvoller für die Ermittlung und Verurteilung von anderen Straftaten eingesetzt werden. Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen entlastet werden, um sich auf Dinge zu konzentrieren, für die sie gebraucht werden. Auch die Justizvollzugsanstalten würden durch den Verzicht auf Stellung eines Strafantrages entlastet. Und auch aus ökonomischer Sicht ist die Unterbringung von Inhaftierten nicht zu rechtfertigen. Ein Tag Gefängnis kostet rund 200€.
Die Betroffenen schulden weiterhin den Dortmunder Stadtwerken das sogenannte „erhöhte Beförderungsentgelt“. Es bleibt den Stadtwerken unbenommen, dieses mit zivilrechtlichen Mitteln gegen Personen, die ohne gültigen Fahrausweis gefahren sind, durchzusetzen. Den Dortmunder Stadtwerken entsteht kein finanzieller Schaden. Geldstrafen – sollten diese erfolgreich eingetrieben werden können – werden nicht an die DSW AG gezahlt, sondern an die Staatskasse.
Der Straftatbestand ist bereits jetzt als Antragsdelikt ausgestaltet. Der Bundesgesetzgeber überlässt also dem*der Geschädigten die Entscheidung, die Straftat strafrechtlich verfolgen zu lassen oder davon abzusehen. Der Antrag steht somit im Einklang mit dem geltenden Recht.